Kirchenbau


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Im Neuen Testament heißt es, dass die Gemeinde selbst der „Tempel Gottes“ (1.Kor 3,11) sei und Christus ihr Fundament.

Die ersten Christen feierten den Gottesdienst in Synagogen, Privathäusern oder im Freien. Da sie mit der nahen Wiederkunft Christi rechneten, interessierte die Bautätigkeit nicht. Es gab also auch keine Kirchen im heutigen Sinne.

Als es zum Zerwürfnis mit den jüdischen Gemeinden kam und die jungen christlichen Gemeinden zunehmend Verfolgungswellen ausgesetzt waren, wurden Wohnhäuser für den Gottesdienst umgebaut. Das bekannteste Beispiel ist die Hauskirche von Dura-Europos (200-230), die bereits einen Tisch in der Mitte, eine Sakristei und einen Taufraum aufweist. Versammlungsorte der Christen waren in dieser Zeit auch die Begräbnisplätze der Verstorbenen und Märtyrer. Der Fisch wird ab 150 n. Chr. auf Fresken in Katakomben zum zentralen Symbol christlicher Versammlungsorte.

Erst das Toleranzedikt von Mailand 313, in dem das Christentum unter Kaiser Konstantin zu einer erlaubten Religion erklärt wurde, ermöglichte die umfassende Kirchbautätigkeit, die das Gesicht Europas bis heute prägt. Die beiden zentralen Formen des Kirchbaus gehen auf diese Zeit zurück. Nicht die antiken Tempel wurden zum Vorbild genommen, sondern die mehrschiffige Säulenbasilika, die römische Markt- oder Gerichtshalle und der Zentralbau, der insbesondere für die Heiligenverehrung genutzt wurde. Basilikaler Langbau (mehr im Abendland) und zentraler Rundbau (stärker in der Ostkirche) bilden die beiden Zentralformen, mit denen bis heute experimentiert wird. Seither hat sich eine Vielzahl von Gebäudetypen herausgebildet, die als Kirche errichtet wurden, von der kleinen Dorfkirche über große Stadtkirchen bis hin zum prächtigen Dom. Die größte Kirche der Welt ist der Petersdom im Vatikan in Rom.

Als erste evangelische Kirche kann man die Schlosskirche zu Torgau bezeichnen, die am 5.10.1544 von Martin Luther eingeweiht wurde. In seiner Predigt benennt er den Sinn eines evangelischen Gotteshauses: „Ein Haus für das Predigtamt und die Austeilung der Sakramente.“ Diese Zuspitzung Luthers ist bis heute für den Protestantismus wegweisend. Kirchenräume sind nicht heilig „an und für sich“, sondern insofern sie der Weckung und Stärkung des Glaubens dienen.

Infolge der Reformation wurde die Innenausstattung der Kirchen verändert, wobei der Bildersturm in lutherischen Gegenden viel moderater ausfiel als in reformierten. Seitenaltäre, Marienbilder und Heiligenfiguren wurden entfernt, die Trennmauern zwischen Chor und Kirchenschiff (Lettner) abgerissen, das Beichtgestühl herausgeholt. Sitzbänke gab es bislang in Kirchen nicht, nun machten die längeren Predigten solche notwendig.

Im 17. + 18. Jahrhundert wurden vor allem Predigtkirchen gebaut und viele romanische und gotische Kirchen saniert und restauriert. Im 19. Jahrhundert ringt man im Protestantismus um die Frage, welcher Baustil angemessen sei. So entstehen Absprachen, die im Eisenacher Regulativ (1861) und dem Wiesbadener Programm (1891) festgehalten wurden.

Nach dem 2. Weltkrieg setzte in Westdeutschland eine enorme Kirchbautätigkeit ein, die zur Folge hat, dass sich der Bestand an Kirchen und Gemeindezentren bis zum Jahr 2000 fast verdoppelt. Seitdem ist der Kirchenneubau fast zum Erliegen gekommen, wogegen die Frage des Kirchenumbaus immer dringlicher wird. Nicht alle Kirchen werden in den nächsten Jahren als Gottesdienstraum zu halten sein. Interessante Modelle für Mehrfach- oder Umnutzungen sind entstanden. Kirchenvorstände und Gemeinden beschäftigen sich mit der Frage: Welche (Um-) Nutzung ist einer Kirche würdig? Kreative Nutzungsideen sind auch künftig gefragt. Sie sollen der Kirche keinen Imageschaden zufügen und doch verhindern, dass Kirchen zu hunderten dem Erdboden gleich gemacht werden.

Antje Rösener, Theologische Studienleiterin im Ev. Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V., antje.roesener@ebwwest.de