Madhyamaka


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Madhyamaka (auch Mâdhyamika). Die neben dem Vij?ânavâda (siehe Vijnanavada) bedeutendste Philosophenschule des Mahâyâna (siehe Mahayana-Buddhismus). Sie ist eine Gründung des Nâgârjuna (2. Jh.), dessen Philosophie eine umfassende Ausformulierung des Leerheitskonzepts (sh?nyatâ) des Frühbuddhismus darstellt.

Die zentrale Lehre der Madhyamaka besteht in der Aussage, dass allen Dingen und Zuständen als bedingt entstandenen Phänomenen eine wahre Wesenheit oder Eigennatur abgeht. Sie sind deshalb »leer« und ohne ein Eigensein. Die Welt des Daseins ist keine Welt des Seins, sondern des ständigen Werdens. Die Dinge »sind« deshalb nicht, sondern »geschehen«, gleich einer Melodie, die auch nicht »ist«, sondern in der Aufeinanderfolge der Töne »stattfindet«.

Das subjektive Vorhandensein der Dinge wird damit keineswegs in Abrede gestellt. Die Erscheinungen »bestehen« durchweg, doch nur im Sinne eines strengen Nominalismus, d.h. nur als abstrakte Bezeichnungen oder »Namen« (lat. nomina). Sie sind deshalb wesenlos (siehe asvabhavata), d.h. »leer« (sh?nya), ähnlich der Ziffer 0 (Null), die im Grunde auch nur ein Leerbegriff ist. Die Leere oder Leehrheit ist aber kein Nichts, denn ein angenommenes Nichts oder Nichtsein wäre ja ein »Etwas« und damit als ein »Sein« qualifiziert. Das Sein besteht nicht im Gegensatz zum Nichtsein, denn ist das Sein nicht, dann ist auch das Nichts als sein Gegenteil nicht.

Ist die Leere kein Nichts, so ist sie zugleich auch kein Sein. Sie ist auch nicht das Gegenteil von Nicht-Leerem. Eigensein (svabhâva) und Leerheit (sh?nyatâ) sind nicht sich gegenseitig ausschließende Gegensatzpaare wie »Sein« und »Nichtsein«. Leerheit ist die Negation von beidem. Personen, Dinge und Zustände sind aus Bedingungen (Verursachungen) hervorgegangenene Phänomene und als solche nicht seiend (haben kein Eigensein); sie sind, da sie in Erscheinung treten, dennoch aber kein Nichts.

Die einen universellen Relativismus vertretende Madhyamaka hat wie kein anderes System das buddhistische Denken (vornehmlich des Mahâyâna) tief greifend zu beeinflussen vermocht und sich zur bestimmenden Grundphilosophie des Buddhismus erhoben. In China entfaltete sie sich unter dem Namen San-Lun, in Japan unter der Bezeichnung Sanron.

Eine ausführliche und zuverlässige Einführung in die Philosophie der Madhyamaka bietet Hans Wolfgang Schumann in: »Mahâyâna-Buddhismus – Die zweite Drehung des Dharma-Rades« (Diederichs, München 1990).

siehe Nagarjuna, siehe Pratityasamutpada, siehe Shunyata; siehe Relativismus (Buddhismus), siehe Seins-Lehre (Buddhismus), siehe Nihilismus (Buddhismus)

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