Vij?ânavâda ( »Bewusstseinslehre« ), auch Yogâcâra genannt. Name der nach der siehe Madhyamaka bedeutendsten Philosophenschule des siehe Mahayana-Buddhismus. Sie ist eine Gründung des Maitreyanâtha (3./4. Jh.) und wurde von dem Brüderpaar Asanga und Vasubandhu (4./5. Jh.) weiter ausgebaut.
Die zentrale Lehre des Vij?ânavâda besteht in der Aussage, dass alle Dinge nur als geistige Phänomene bestehen. Mit unseren Gedanken und Vorstellungen schaffen wir uns die Objekte, welche in Wahrheit nur Einbildungen unserer kreativen Phantasie sind. Alles ist nur Bewusstsein (vij?âna), nur Geist (cittamâtra) [lat. siehe esse est percipi], ist demnach subjektiv und besteht nicht im Sinne objektiver Realität.
Ein Gleiches gilt auch für den Menschen [siehe Mensch (Buddhismus)], denn sind die Objekte nur im Bewusstsein existent und ohne dieses nicht vorhanden, dann ist auch das Subjekt, die ideierende (vorstellende) Person (Ich), auch nur Geist, d.h. bloße Einbildung und außerhalb des Denkens nicht seiend. Ist die Welt nur ein Traum, dann ist auch der Träumer (Ich) nur geträumt.
Neben dem individuellen Bewusstsein (manovij?âna) lehrt der Vij?ânavâda auch ein überindividuelles Grundlagen- oder Speicherbewusstsein (âlayavij?âna). Es ist die karmisch gebildete geistige Hinterlassenschaft, oder das große »Reservoir«, in dem die Eindrücke (vâsanâ) aus früheren Existenzen gleichsam als »Keime« (bîja) künftiger Erfahrungen heranreifen, ehe sie sich aufgrund karmischer Gesetzmäßigkeit (Wiedergeburt) in einem neu in Erscheinung tretenden Subjekt [Mensch] (re)aktualisieren.
Die einen konsequenten siehe Idealismus vertretende Vij?ânavâda-Philosophie erlosch mit dem Untergang des Buddhismus in Indien, gelangte aber nach Nord- und Ostasien (China, Japan, Tibet), wo sie auch heute noch eine der massgeblichen Denkschulen des Mahâyâna und des siehe Vajrayana ist.
Eine ausführliche und zuverlässige Einführung in die Philosophie des Vij?ânavâda bietet Hans Wolfgang Schumann in: »Mahâyâna-Buddhismus – Die zweite Drehung des Dharma-Rades« (Diederichs, München 1990).
siehe Idealismus (Buddhismus), siehe Bewusstsein (Buddhismus), siehe Denken (Buddhismus), siehe Seins-Lehre (Buddhismus), siehe George Berkeley, siehe David Hume