auch Lilit
1. Ausdruck für einen weiblichen Dämon in der Bibel und auch in der mesopotamischen Mythologie
2. jüdische Sagengestalt der nachbiblischen Literatur im Mittelalter: Frau, die zusammen mit Adam erschaffen worden sei, sich ihm aber nicht unterwerfen wollte. Danach wurde Eva aus der Rippe erschaffen. Lilith aber treibt ihr Unwesen und versucht, sich durch Kindermord zu rächen.
1. Dämon: der Begriff Lilith kommt in der Bibel in Jes 34,14 vor und bezeichnet ein Geisterwesen (Martin Luther übersetzt: »Nachtgespenst«). Der Ausdruck ist noch früher in der Mythologie des Zweistromlandes (Babylonien – Assyrien) als Wort für einen weiblichen Dämon bekannt, der neugeborene Kinder tötet.
2. Der Ursprung der späteren Sagengestalt liegt darin, dass die Rabbis über die Schöpfungsgeschichte in der Bibel diskutierten. Da die Erschaffung der Frau zweimal berichtet wird, schlossen einige jüdische Gelehrte darauf, dass es vor Eva eine andere Frau gegeben haben muss. Diese Fassung taucht erstmals im Midrasch Rabba (Sammlung von Bibelkommentaren, ca. 200-500 n. Chr) auf.
Bei einem spätereren Autor finden wir dann im „Alphabet des Ben Sira“ (ca. 1000 n. Chr.) eine Kombination des Dämons Lilith mit der Spekulation über die erste Frau. Demnach schuf Gott am Anfang Mann und Frau aus Erde. Lilith aber wollte sich nicht Adam unterwerfen. Im Streit verließ sie Adam und den Garten. Gott sandte ihr die drei Engel Snvi, Snsvi und Smnglof hinterher, um sie zurückzubringen. Lilith aber weigerte sich, ihnen zu folgen, und drohte die Tötung aller neugeborenen Kinder an. Die Engel setzten ihr zu, und so versprach sie, dass sie die neugeborenen Kinder in Ruhe lassen würde, wenn sie ein Amulett mit den Namen der drei Engel tragen würde.
In dieser Form ist die Lilith – Legende eine sog. „Ätiologie“ (siehe Ätiologien), also eine Geschichte, die eine Sitte erklären soll: nämlich neugeborenen Kindern ein Amulett mit den Buchstaben „Snvi, Snsvi, Smnglof“ umzuhängen.
Später wurde die Legende noch ausgeschmückt und abgewandelt. U.a. soll Lilith im Traum auch Männer verführen. Oder: Sie soll auch Adam verführt und versucht haben, ihn der Eva abspenstig zu machen. Anderen Rabbinern gefiel diese Umdeutung der Bibel nicht und so gibt es auch eine Erzählung, wonach Lilith die weibliche Version des Todesengels oder auch des Satans sein soll.
In der Gegenwart finden einige Leute die Gestalt der Lilith sehr sympathisch, weil sie ein Vorbild für eine selbstständige Frau abgeben soll, die sich dem Adam nicht unterwirft. Diese Fassung ist auf manchen Seiten im Internet zu finden. Dafür muss man freilich die dunklen Seiten der kindermordenden Lilith aussparen. Auch in Fantasy-Literatur und Computerspielen ist die Gestalt einer »Lilith« zu finden.
- Informationen (englischsprachig)
http://www.straightdope.com/mailbag/mlilith.html (gut verständlich)
http://ccat.sas.upenn.edu/~humm/Topics/Lilith/alphabet.html (scheint eine getreue Wiedergabe des Textes zu sein.)
- Zur Quelle, dem Alphabet des Ben Sira::
http://www.geocities.com/Wellesley/Garden/4240/alphabet.html
- Als literarkritischer Kommentar:
http://www.ucalgary.ca/~elsegal/Shokel/950206_Lilith.html
Ingo Koll
Nairobi, 22-03-2004