Der Buddhismus kennt keine nachtodliche Existenz in einer ewigen Sphäre (Himmel oder Hölle). Leben ist ein Sein zur Endlichkeit; es ist gebunden an Geburt und Tod, so dass die Vorstellung von einem »ewigen Leben« als ein Widerspruch in sich selbst gesehen wird.
Die buddhistische Vollendung besteht nicht im Eingehen in einen göttlichen Urgrund und lässt sich nicht in einem abgeschiedenen Jenseits (Himmel) finden, sondern muss sich im Leben selbst realisieren. Das Heil wird nicht geschenkt, sondern widerfährt dem, der – ohne göttlichen Beistand – auf dem Wege des Erkennens [siehe Erkenntnis (Buddhismus)] und der Preisgabe aller an das Dasein haftenden Vorstellungen, Wünschen und Begierden [siehe Begierde (Buddhismus)], sich selbst überwindet. Das buddhistische Heil ist deshalb nicht in einem nachtodlichen Fortleben in einem Jenseits verheißen. Weder gibt es einen Ort ewiger Glückseligkeit resp. Verdammnis, noch eine Verklärung oder Verworfenheit in einer vergeistigten Seinsweise. Da es keine Seele [siehe Seele (Buddhismus)] und auch keine endzeitliche Erweckung von den Toten gibt, kann es auch nichts geben, das irgendeiner Sphäre des Heils oder Unheils zugeführt und in ihr untergebracht werden könnte.
Kennt der Buddhismus keine ewige Vollendung (Himmel), so weist er auch die Vorstellung einer ewigen Verwerfung (Hölle) von sich. Wiedergeburt ist keine Belohung und auch keine Strafe für die im Leben gewirkten Taten, sondern die geistige (nicht seelische!) Kontinuität des noch wirksamen Daseinstriebs, eine Fortsetzung der noch nicht zur Ruhe gekommenen, d.h. nicht überwundenen mentalen Triebkräfte.
Der Wiedergeburtenkreislauf (samsâra) findet seinen Abschluss, wenn alle triebhaften Faktoren von »Sein« und »Werden« gleichsam erlöschen. Diesen Zustand nennen die Buddhisten »Nirvâna« (siehe Nirvana) – die Befreiung von allen Bindungen an die gegenständliche, vergängliche und damit leidvolle Welt.
Nirvâna ist das Zurruhekommen des Daseinsdurstes (= Gier), das Versiegen aller Werdekräfte, die Überwindung der Ich-Sucht [siehe Ich (Buddhismus)]. Es ist der Zustand vollkommener Leidenserlöstheit, der Abschluss des Zwangs, immer wieder in den leidvollen Dasensstrudel (samsâra) hineingeboren zu werden. Nirvâna bedeutet »Erlöschen«, ein Zustand, von dem nach dem Vorgang des Erlöschens nichts mehr übrig bleibt. Nirvâna ist kein Etwas, kein Sein, kein »Himmel« und kein Paradies, sondern eine Umschreibung für den zustandslosen Zustand vollkommener Befreiung, eine Chiffre für die örtliche Begrenzungen sowie Sein und Nichtsein transzendierende »Leerheit« (sh?nyatâ), in der alle Gegensätze des existenziellen Daseins und auch der Wunsch nach einem ewigen Sein (Jenseitshoffnungen) aufgehoben sind.
siehe samsara (Buddhismus), siehe Leiden (Buddhismus), siehe Wiedergeburt (Buddhismus), siehe Tod (Buddhismus), siehe shunyata