Ali


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’Alî oder ’Alî ibn Abî Tâlib. Vetter Muhammads und durch seine Heirat mit Fâtima, der Tochter Muhammads, zugleich Schwiegersohn des Propheten. Der Ehe mit Fâtima entstammten die beiden einzigen männlichen Prophetenenkel Hasan und Husain.

Nach dem Tode des Propheten (632) setzte sich ’Alî in Gegnerschaft zur Wahl Ab? Bakrs zum ersten Kalifen (halîfa = Nachfolger Muhammads [siehe Kalifat]). Auf Ab? Bakr folgten 634 ’Umâr ibn al-Khattâb und 644 ’Uthmân ibn ’Affân. Erst nach dessen Ermordung (656) wurde ’Alî zum Kalifen bestimmt. Doch die Anhänger ’Uthmâns, die ’Alî eine Mittäterschaft an der Ermordung ’Uthmâns vorwarfen, sannen auf Rache und widersetzten sich ihm. Es kam zur offenen Auseinandersetzung, in deren Verlauf ’Alî 661 besiegt und ermordet wurde. Neuer Kalif wurde ’Alîs Widersacher Mu’âwiya (gest. 680). Darauf machten ’Alîs Gefolgsleute, die ’Alîden, ihren Herrschaftsanspruch erneut geltend, und versuchten, siehe Husain (’Alîs Sohn) zum Kalifen zu erheben. Aber bevor es zu einer Entscheidung kam, wurde er in Karbilâ’ von Yazîd, Sohn des Mu’awiya, ermordet. Der Prophetenabkömmling Husain wurde so zum Märtyrer für die ’Alîden, der gegen die Umaiyaden, dem Klan des Mu’âwiya, sein Leben ließ.

Statt sich mit der Waffe in der Hand gegen die umaiyadischen Gegner zu erheben, begaben sich die Anhänger ’Alîs in eine Art »innere Emigration« und trauerten fortan um den Verlust von ’Alî und Husain. Deren Verehrung und die Versenkung in das Leiden wurde für die ’Alî-Anhänger zur Mitte der Frömmigkeit und des Glaubens. Aus dieser Gegnerschaft und Absonderung zur bisherigen Gemeinschaft, heute siehe Sunna oder siehe Sunniten genannt, entstand die Shî’a (siehe Schiiten = »Partei des ’Alî«), die als Sonderrichtung des Islam etwa 12% aller Muslime auf sich vereinigt.
Die Schiiten sind mehrheitlich in Iran (Persien) beheimatet, wo der Shî’ismus offizielle Religion ist. Auch in Irak bildet er die Mehrheit, ist aber nicht offizielle Religion. Schiitische Minderheiten bestehen in Libanon, Syrien, den Golfstaaten, Afghanistan, Zentralasien, der Türkei und in Indien. Sie anerkennen nur die ersten vier Kalifen als von Gott »rechtgeleitet« an und sehen in ’Alî den ersten Imâm (siehe Imam) als »göttlich geleiteten Führer« ihrer Gemeinschaft.