Im Akten Testament
In der Bibel wird »Leben« nicht biologisch, sondern existenziell (d.h. das eigene Dasein betreffend) verstanden. Das hebräische Wort hajjim besagt, dass man sich frei bewegen kann, »Licht sehen« und sich wohl fühlen kann, dass man etwas tut, Erfolg hat, siegt, dass man Freiheit, Ehre und Reichtum kennt – alles Güter, die im Ausdruck siehe Friede (shalom) angesprochen sind. (siehe Ps 128,1ff). Menschen und Tiere (sogar fließendes Wasser, nicht aber die Pflanzen) haben »Leben« in diesem Sinne. Diese Lebenskraft, die ihre Vollkommenheit in Gott erreicht, vermindert sich bei den Kranken (Jes 40,29-31) – entsprechend heißt gesund werden »wiederaufleben« – und findet sich am wenigsten bei den Toten, in deren Welt herrschen Trockenheit und Finsternis. Als Träger der Lebenskraft gilt einerseits das siehe Blut, andererseits der Atem oder Hauch oder siehe Geist (siehe Lev 17,14; Dtn 12,23 bzw. Gen 2,7).
Der Mensch ist nicht Herr über das Leben, Gott allein verfügt darüber, er ist die Quelle des Lebens für jedes einzelne Geschöpf und bestimmt seine Lebensdauer (Ps 104,29). E ist der Lebende im eigentlichen Sinn und hat die Macht zu töten und lebendig zu machen (Dtn 32,39). Da nur Gott über Leben verfügt, dürfen Menschen fremdes (auch tierisches) Leben nur bedingt antasten, wildes Töten gilt als schwerer Frevel (Gen 9,4f). Das Leben des Menschen hängt von zwei Bedingungen ab, einerseits von Gottes Handeln, andererseits vom sittlichen Verhalten der Menschen Entsprechend der Vorstellung vom siehe Tat-Folge-Zusammenhang untergräbt ein Sünder sein Leben, während es der Gerechte für sich und seine Umwelt fördert.
Im Neuen Testament
Im grundsätzlichen theozentrischen Ansatz des Lebensverständnisses (d.h. der Vorstellung, dass das Leben von Gott ausgeht) stimmt das NT mit dem AT überein. Neu im NT ist, dass Leben hier als eschatologisches Heilsgut verstanden wird (siehe Eschatologie). Dieses »ewige Leben« zu erringen wird Ziel aller Glaubenden. Das gegenwärtige Dasein (Leben) der Menschen ist letztlich oft fragwürdig, nicht durch eine physische Begrenztheit, sondern er wird durch gottfeindliche Mächte (siehe Sünde) gemindert. Deshalb gilt der Mensch, der unter der Herrschaft der Sünde lebt, als tot. Umgekehrt ist das von Christus vermittelte Leben deshalb ein Heilsgut, weil es die Wiederherstellung der totalen Gemeinschaft mit Gott bringt. Da die volle Verwirklichung dieses Lebens erst nach dem Tod möglich sein wird, wird nun die Furcht vor dem Tod abgelöst durch die Sicherheit, dass der Tod nur der Eingang zum wahren Leben ist (Röm 8,38; Phil 1,29). Wichtiger als der Ausblick auf ein Jenseits ist für das NT aber die Bindung an Christus: das erhoffte Leben ist mehr als nur ein künftiger Zustand, es kann in Christus bereits jetzt erfahren werden (Röm 8,10) Diesen Gesichtspunkt macht besonders das Johannesevangelium geltend: Christus ist hier »das Leben« (Joh 14,6), die »Auferstehung und das Leben« (Joh 11,25), »das Brot des Lebens« (Joh 6,35), wer an ihn glaubt ist bereits j e t z t »aus dem Tod ins Leben hinübergegangen« (Joh 5,24).