Kinder im Islam


CC-BY  rpi-virtuell Nachschlagen

Im Islam erfahren Kinder eine ausgesprochene Wertschätzung:
„Vermögen und Söhne sind Schmuck des diesseitigen Lebens“, heißt es in Sure 18:46.

Kinderreichtum garantiert den Fortbestand der Umma, der Gemeinschaft aller Muslime.
Familienplanung und Empfängnisverhütung sind grundsätzlich erlaubt, ebenso eine Abtreibung, etwa im Falle einer schweren Behinderung (s.u.).

Kinder verdanken sich Gott
Über allen Fragen zu Geburt, des Geschlechts und Erziehung der Kinder steht der Glaube an Allah, den Schöpfer: Jeder Mensch, unabhängig von seinem Geschlecht, verdankt sich seinem Schöpferwillen. So heißt es in der Sure aš-šura:
„Allah gebührt die Herrschaft über die Himmel und die Erde. Er erschafft, was er will. Er schenkt weibliche Nachkommen, wem er will, und schenkt männliche, wem er will (…).“ (42:49)

Die Frage “Junge oder Mädchen” tritt zurück
Zudem betont die koranische Verkündigung die Gleichwertigkeit aller Menschen vor Allah, unabhängig ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihres sozialen Status oder des Grades ihrer Bildung:
„Ihr Menschen! Fürwahr, wir erschufen euch aus einem Männlichen und einem Weiblichen und machten euch zu Völkern und Stämmen, damit ihr euch kennen lernt.“ (49:13)

Tötung von Kindern – eine Schandtat
Um die in vor-islamischer Zeit (ferner auch bei den alten Griechen) anzutreffende Praxis, missliebige Kinder – vor allem Mädchen – auszusetzen, weiß der Koran und lehnt dieses Tun entschieden ab:
„Und wenn verkündet wird einem von ihnen ein weibliches Wesen, wird er schwarz vor Zorn und Groll. Dabei verbirgt er sich vor den Leuten, weil ihm eine so schlimme Sache verkündet worden ist; Ob er es trotz der Schande behalten oder ob er es im Boden verscharren soll? Nein! Wie schlecht ist doch ihre Entscheidung!“ So in der Sure an-na?l („Die Biene“), 16:58+59.
Diese Sure spricht die im vor-islamischen Arabien anzutreffende Praxis an, weibliche Nachkommen als von geringerem Wert anzusehen und sich der weiblichen Säuglinge zu entledigen. War das Neugeborene „weiblich“, so galt es als „schlimme Sache“, und es stellte zudem eine „Schande“ dar, wenn man das Mädchen behielt. Die Alternative bestand in dem „Verscharren“ des Mädchens. „Wie schlecht ist doch ihre Entscheidung!“, lautet das Urteil im Koran.

Abtreibung
Abgelehnt wird eine Abtreibung aus Furcht vor sozialem Abstieg, was etwa in Deutschland unter „sozialer Indikation“ bekannt ist:
„Tötet eure Kinder nicht aus Furcht vor Verarmung. (…) Sie zu töten ist eine große Sünde.“ (Sure 17:31)
Im Blick auf den spätmöglichsten Zeitpunkt einer Abtreibung bestehen zwischen den Rechtsschulen jedoch Unterschiede, demnach können Abtreibungen bis zum 40., nach anderer Auffassung bis zum 120. Tag der Schwangerschaft durchgeführt werden.

Das Kind im religiösen Leben
Dem Neugeborenen wird nach der Geburt ein Teil des Gebetsrufes, das Glaubensbekenntnis ins Ohr gesprochen: „Es gibt keine Gottheit außer Allah, und Muhammad ist sein Gesandter.“ Ist ein Elternteil Muslim, gilt das Kind als Muslim. Als Muslim wird man also geboren; eine eigene Entscheidung ist in diesem Fall nicht notwendig. Dennoch kennt die islamische Erziehung Stationen auf dem Weg zur religiösen Mündigkeit:
„Die erste Rezitation des gesamten Korans aus dem Gedächtnis und das erste Teilnehmen am Rama?anfasten sind wichtige Abschnitte auf dem Weg zur religiösen Mündigkeit.“ (Boehm, Katharina: Art. „Kindheit“ in: Kleines Islamlexikon)
Der Besuch einer Koranschule unterweist das Kind nicht allein in religiösen Tugenden und Pflichten, sondern dies ist vor allem der Ort, an dem der Koran auswendig gelernt bzw. dessen Rezitation erlernt werden soll.

Vom Segen des Kinderreichtums
Kinderreichtum wirkt sich positiv auf das ewige Leben bzw. Seelenheil der Mutter aus.
„Keine Frau von euch wird drei ihrer Kinder verlieren, ohne dass diese für sie einen Schutzwall vor dem Höllenfeuer darstellen!“ Darauf sagte eine Frau: „Gilt dies auch für zwei Kinder?“ Er [=Muhammad] antwortete: „Auch für zwei!“. (bei Bukhari)

Elger, Ralf / Stolleis, Friederike (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München 2001. Köster, Fritz: Religiöse Erziehung in den Weltreligionen. Hinduismus, Buddhismus, Islam, Darmstadt 1986.