In den Nachbarvölkern des alttestamentlichen Volkes Israel war es normal, männliche und weibliche Gottheiten zu haben. So wurde Astarte verehrt, die Göttin der Fruchtbarkeit, und der männliche Baal, der wichtigste Konkurrent für den Gott der Bibel.
Das Judentum war anders. Sein Gott, Jahwe, war weder Mann noch Frau und durfte nicht in Bildern dargestellt werden. Dennoch entwickelte sich die Anrede “Herr”. Viele stellen sich Gott als Krieger, als König, als Vater vor. Dabei gibt es einige Bibelstellen, in denen Gott mütterliche Züge hat, auch wenn er nirgends mit “Mutter” angeredet wird.
So heißt es in der Schöpfungsgeschichte, dass Gott den Menschen als sein Abbild schuf, als Mann und Frau. “Frausein” ist somit auch ein Abbild Gottes. Mose erwähnt in seinem Gebet zum Herrn, er habe das Volk Israel “im Schoß getragen”, und auch Psalm 90 spricht davon, dass Gott alles geboren hat.
Hinzu kommt, dass im Hebräischen die Kennzeichen Gottes “sich erbarmen” und “Barmherzigkeit” eine weibliche Wortwurzel haben und mit dem Begriff “Mutterschaft” zusammenhängen.
Das deutlichste Bild der Mütterlichkeit Gottes zeichnet der Prophet Jesaja. Er sagt, dass Israel empfangen wird im Schoße seines Gottes (Jes 44,2 und Jes 44,24). Er spricht von der Geburt (Jes 42,14) und bezeichnet Gott gleichzeitig als Vater und Mutter (Jes 45,.10). Er lässt Gott sagen: “Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch (Jes 66,13).”
Prägend waren diese Aussagen zur “Müterlichkeit Gottes” nicht. Bis heute ist die Vorstellung von Gott als Vater in den Herzen der Menschen verankert. Für viele Christen jedoch hat Maria die Rolle der Mutter übernommen.
Zuerst veröffentlicht in den Kirchenzeitungen der Nord-Ost-Deutschen Verlagsgesellschaft