Gewalt


CC-BY  Heinz-Jürgen Deuster Nachschlagen

Gewalt kommt in der Bibel nicht als Wort, aber in der Sache und in Umschreibungen vor (in der Hand/Macht von jemanden sein). Gewalt (Macht) und Recht gehören ursprünglich zusammen (Gen 16,6). Sich in Gottes Gewalt (=Hand) zu wissen ist höchstes Vertrauen zu Gott (Ps 31,16), aus der Gewalt (Hand) der Feinde kann nur Gott retten (2.K 13,5). Das moderne Problem, das mit den Stichwörtern Gewalt, Gewaltlosigkeit und Gewaltverzicht angedeutet ist, ob nämlich Widerstand gegen ein als ungerecht empfundenes Herrschaftssystem angewandt werden darf, und wenn ja, in welcher Form, kennt die Bibel nicht.
Für das AT ist es selbstverständlich, dass unrechtmäßige Herrschaft beseitigt werden darf (z.B. 2.K 9,1f). Das NT schließt solches von Jesu Gebot des Gewaltverzichts her aus (Mt 5,38-42). Es entwickelt aber zugleich Leitlinien für ein kritisches Verhalten zur staatlichen Macht bzw. Gewalt. (Röm 12,17-13; zu beachten ist hier der Kontext der Feindesliebe; Offb 13,1ff).
Jesus fordert von seinen Jüngern eine völlig andere Art des Umgangs miteinander, als es sonst in der Gesellschaft üblich ist (siehe Mk 10,42-45). Zu den Forderungen für diese »Kontrastgesellschaft« gehört auch der Gewaltverzicht, der sich bei Mt 5,39-42 und Lk 6,29 formuliert findet. In vier Beispielen lehrt Jesus seinen Jüngern diesen Gewaltverzicht. Seine Intention ist: Verzichte auf jede rechtliche Sanktion. Beantworte Gewalt nicht mit Gegengewalt. Aber, verharre auch nicht in Passivität, sondern komm deinem Widersacher noch entgegen und beantworte seine Nötigung oder seine Brutalität mit überströmender Liebe, so kannst du ihn vielleicht gewinnen (siehe Röm 12,17-21).
Adressat des radikalen Gewaltverzichtes ist weder der Einzelne noch die gesamte Welt, sondern nur das Volk Gottes, das geprägt ist von der Verkündigung des Reiches Gottes. Die These, Gewaltverzicht könne sich nur der Einzelne leisten, ist falsch, da Jesu Botschaft immer emminent gesellschaftsbezogen ist, sie richtet sich allerdings auch nicht an die Adresse der Völker (Staaten) – um die Welt hat Jesus sich nicht gekümmert (siehe Joh 18,36). Seine Forderungen gelten für die Jünger und damit für die Kirche. Hier gelten andere Gesetze als in der »Welt«. Das wahre Gottesvolk darf nichts mehr mit Gewalt durchsetzen, weder nach innen noch nach außen. Hier geht es nicht um eine innere Gesinnung, sondern um konkrete Praxis in dieser Kontrastgesellschaft.

dbk.de/gerechter-friede/dbk_data/html/sets/s_tx_gf_ue.html