Auf jeden Menschen wirken Kräfte ein, die es ihm schwermachen, an seinen persönlichen Überzeugungen und Zielen festzuhalten und sie zu verwirklichen. Widerstand gegen Einflüsse wie Gruppendruck, Werbung oder Propaganda kann in Verweigerung, Kritik und verstärkter Förderung dessen bestehen, was jemand für besser hält. Ungerechtigkeit und Unterdrückung durch staatliche Machtausübung rufen passiven und aktiven Widerstand bis hin zu Gegengewalt und Mord hervor. Gibt es für Christen in bestimmten Fällen ein Recht oder sogar die Pflicht zum Widerstand?
Aus ihrem Glauben ergibt sich ganz klar: »Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen« (Apg 5,29). »Leistet dem Bösen Widerstand und haltet unbeirrt am Glauben fest.« 1.Petr 5,9).
Andererseits sollen Christen nicht Böses mit Bösem vergelten (Röm 12,17). Jesus sagte: »Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen« (Mt 5,44). Sie kommen also immer in einen Konflikt, wenn rechtmäßige und gewaltlose Mittel des Widerstandes gegen Unterdrückung und Verbrechen nichts bewirken oder nicht mehr möglich sind. Auch Notwehr ist für sie nicht einfach selbstverständlich.
Wenn sich auch die Kirche in früheren Zeiten politisch und teilweise sogar militärisch kräftig gegen Angriffe auf ihre Rechte und Einflussmöglichkeiten wehrte, so beschränkte sie sich doch im wesentlichen auf geistigen und gewaltlosen Widerstand und forderte ihre Mitglieder auf, lieber Unrecht zu erleiden als zu tun. Gott werde selbst dafür sorgen, dass sich Unrecht und Tyrannei nicht halten können, predigten auch die Reformatoren.
In neuerer Zeit (und insbesondere nach den bekanntgewordenen Verbrechen in totalitären Staaten, wie in Deutschland während der nationalsozialistischen Herrschaft) wird in der Kirche nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht jedes Christen betont, den Rechtsstaat zu verteidigen und gegenüber allen Machthabern aktiven Widerstand zu leisten, die andere Menschen bedrohen, unterdrücken oder töten.
Damit es dazu nicht erst kommt, können die Bürger in einer funktionierenden Demokratie durch die Ausübung ihrer politischen Rechte und Pflichten dafür sorgen, dass Machtausübung kontrollierbar bleibt. Darüber hinaus unterstützen viele Christen durch Proteste, Gebet und Spenden Widerstandsbewegungen in anderen Ländern, die gegen Rassismus und totalitären Terror kämpfen (Antirassismus).
Wenn berechtigter politischer Widerstand sein Ziel erreicht hat, kann die Frage, warum nicht mehr Menschen Widerstand geleistet haben, dazu helfen, die persönlichen und situativen Bedingungen für effektiven Widerstand zu verstehen und evtl. zu verbessern.
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