Die griechisch sprechenden Christen der beginnenden Kirche hatten in ihrer Sprache das Wort »Parrhesia« (meist mit »Freimut«, in der Einheitsübersetzung oft mit »Zuversicht« übersetzt) Es bezeichnet ursprünglich das politische Recht des freien Bürgers, alles zu sagen.
Mit diesem Begriff war offensichtlich eine wichtige Grundbefindlichkeit der Christen des Anfangs getroffen, und daher wurde dieses Wort auch gern in neutestamentlichen Schriften verwendet. Nur gelegentlich ist in den Evangelien vom Freimut Jesu die Rede, mit dem er über sein Leiden und seine Auferstehung gesprochen hat (Mk 8,31f). Mit Freimut reden die Apostel wie Petrus und Johannes (Apg 4,13) oder Paulus (Apg 9,27ff). Auch von anderen bedeutenden Christen des Anfangs wird diese Haltung berichtet, und die Gemeinde in Jerusalem bittet darum, sich durch keine Drohung von der offenen Verkündigung des »Wortes« abbringen zu lassen (Apg 4,29-31). Angesichts der Verfolgung braucht es den Freimut des Apostels Paulus. Durch Jesus haben alle Glaubenden diesen Freimut, erst wenn sie Freimut in Anspruch nehmen, sind die Christen wirklich Jesu »Haus« (Hebr 3,6).
Es ist bezeichnend, dass das griechische Wort parrhesia sehr bald wieder aus dem Sprachgebrauch der Kirche verschwunden ist. Aber die Grundfrage des Anfangs bleibt: der Glaubende hat Gabe und Recht, alles vor Gott und den anderen Glaubenden in der Kirche hin zu sagen. Er muss nichts verbergen. Er ist der lähmenden Angst entnommen. Jeder Glaubende hat dieses Recht. Der Begriff Freimut spricht von der von Gott her gegebenen Mündigkeit des Christen, die sich u.a. in der Bereitschaft zeigt, zum eigenen Versagen bewusst und einsichtig zu stehen. Der Freimut des Christen scheut keine Öffentlichkeit, ja sucht sie, um das lautere und ungebrochene Wort Gottes zu bezeugen und zu verkünden.