Die religiös begründete Judenfeindschaft führte seit dem 2. Jahrhundert zu einer Fülle von antijüdischen Erlassen. Die christlichen Kaiser hielten zwar an der Duldung des Judentums als »zugelassener Religion« fest, sie begrenzten jedoch zugleich die Rechte der Juden als Reichsbürger; ihnen wurde z. B. verboten, Ämter zu bekleiden oder neue Synagogen zu bauen.
In Krisenzeiten, bei Hungersnöten, Krieg, Seuchen sowie sozialen Spannungen wandte sich das Bedürfnis, Sündenböcke zu suchen, oft genug gegen das schwächste Glied der Gesellschaft, die jüdische Minderheit. Als 1348 eine Pest in Europa wütete, wurde diese als die Strafe Gottes dafür dargestellt, dass die Christenheit die Juden noch nicht aus ihrer Mitte entfernt habe. Volkstümliche Prediger wiegelten das einfache Volk zu Judenverfolgungen auf. Es gab in der Regel auch Stimmen, die sich für die Juden einsetzten. Aber die weltlichen und geistlichen Obrigkeiten haben oft nicht vermocht oder sich nicht bemüht, gegen die aufgestachelte Volkswut vorzugehen und wirksamen Schutz zu bieten. Ebenso wie in der Theologie war das negative Judenbild auch in der Volksfrömmigkeit verankert. So konnten Judenverfolgungen als gottgefällige, von Gott gewollte Tat ausgegeben werden.
Oft hatte der Hass auf Juden auch wirtschaftliche Ursachen. So warf man den Juden häufig vor, sich auf Kosten der Christen zu bereichern. Da die Christen im Mittelalter aus religiösen Gründen keine Zinsen nehmen durften, blieben die Geldgeschäfte meist den Juden vorbehalten. So kam es, dass viele Christen bei Juden verschuldet waren. Den Juden waren außerdem die meisten Berufe verboten. Aus der Landwirtschaft wurden sie verdrängt und ein Handwerk konnten sie nicht ausüben, weil sie als Nichtchristen kein Mitglied einer Zunft werden durften. So blieb ihnen nur das Geldgeschäft und der Kleinhandel.
In der Neuzeit trat keine entscheidende Besserung im Verhältnis zu den Juden ein. Auch die Kirchen der Reformation übernahmen die traditionelle judenfeindliche Einstellung und führten sie weiter fort. Die Juden waren getthoisiert und hatten nirgends die gleichen Rechte wie die nichtjüdischen Bürger.
Im Westen Europas gab es, im Unterschied zu Osteuropa, mit dem Aufkommen der Aufklärung eine Bemühung um die Verbesserung der Rechtsstellung der Juden. Zunehmend wurden den Juden die bürgerlichen Rechte zugesprochen. Sie nahmen verstärkt am allgemeinen Wirtschaftsleben teil. Das aber setzte die Juden zugleich unmittelbarer den judenfeindlichen Stimmungen und Aktionen aus, die durch wirtschaftliche Krisen des 19. Jahrhunderts ausgelöst wurden. Das religiöse Vorurteil trat zurück, blieb aber abrufbar. Ökonomische und soziale Gründe der Feindseligkeit gegen die Juden Europas wurden bestimmender.
siehe Antisemitismus, siehe Antisemitismus (Ursprung) siehe Antisemitismus (Neuzeit)