Gott (Hinduismus)


CC-BY  Francesco Ficicchia Nachschlagen

Der siehe Hinduismus kennt keinen alleinigen Hochgott, der absolut erhaben das Weltgeschehen aus eigener Vollkommenheit und Vollmacht zu durchwalten fähig wäre. In der Hindu-Religion bestehen sehr unterschiedliche Auffassungen von Gott. So gibt es Systeme, die nur einen Gott verehren und andere, die gleich mehrere Götter ihr eigenen nennen. Daneben gibt es aber auch Richtungen, die überhaupt ohne Gott auskommen.

Im Verlauf der langen indischen Religionsgeschichte hatten in der Hierarchie der Götter immer wieder verschiedene Gottheiten den höchsten Rang inne, um später wieder durch andere abgelöst zu werden. Die gegenwärtig bekanntesten Gottheiten sind: Brahmâ (Gott der Schöpfung), Vishnu (Erhalter der Welt) und Shiva (Gott der Auflösung und der Zerstörung). Sie alle sind Personifizierungen des Absoluten und genießen im heutigen Hinduismus unterschiedliche Verehrung. Neben diesen Hauptgottheiten besteht auch eine Vielzahl von Lokalgottheiten resp. Personifizierungen (avatâra) des einen oder anderen Hauptgottes.

Im Unterschied zu den monotheistischen (siehe Monotheismus) Religionen (Judentum, Christentum, Islam) ist dem Hinduismus die Vorstellung eines einzigen Lenkers des Weltdramas, auf den alles sich zurückführt, fremd.

Eine nicht personale Gottesvorstellung entwickelte der monistische Advaita-Vedânta, dessen Hauptvertreter, Shankara, im 8. Jh. lebte. Nach ihm kommt wahres Sein nur dem mit dem Âtman (Einzelseele) identischen Brahman (Allseele, Weltgeist) zu. Das jenseits einer anthropomorphen (= menschlichen) Konzeption liegende Brahman ist das allgegenwärtige, ewige und unveränderliche »Sein«. Dieses ist freilich kein abgesondertes Absolutum, sondern wesensgleich mit der Einzelseele, weshalb universelles und individuelles Selbst als eine Einheit aufgefasst werden.

Charakteristisch für den Hinduismus ist die großzügige Toleranz, die ein friedliches Nebeneinander unterschiedliche Götter und Konzeptionen des Absoluten zulässt, so dass es keinem Hindu in den Sinn käme, seine persönliche Gottes- und Glaubensvorstellung anderen Menschen aufdrängen zu wollen. Für ihn sind sophistische Differenzierungen, insistierendes Besserwissen, das Sich-Festklammern an »mein Gott« und »dein Gott«, an »wahr« und »falsch«, kleinliche Standpunkte.