Bartolomé de Las Casas war ein Dominikanermönch, der sich – als einer der wenigen zu seiner Zeit – nach der Eroberung Lateinamerikas durch die Spanier für die Rechte der Indios eingesetzt hat. Er hat sich für ihre Kultur interessiert und bemühte sich darum, ihre Sitten und Gebräuche zu verstehen und ihnen das Evangelium mit einer Haltung der Anerkennung und Liebe zu vermitteln. Die gewaltsame Missionierung lehnte er strikt ab. Er wird deshalb auch als „Apostel der Indios“ bezeichnet.
Las Casas wurde 1484 in der spanischen Hafenstadt Sevilla geboren. Man nimmt an, dass Las Casas 1497 als Soldat nach Granada ging. Später begann er ein Lateinstudium in Sevilla und ein kurzes Jura- und Theologiestudium an der berühmten Universität von Salamanca. 1502 ließ er sich, noch nicht ganz achtzehn Jahre alt, für die neuentdeckten Länder anwerben. Nachdem er 1506 auf einer kurzen Europareise in Spanien das Lizentiat der Rechtswissenschaften erworben hatte und in Rom zum Priester geweiht worden war, führte er das Leben eines Grundbesitzers, der sich um die Verwaltung und Vermehrung seines Besitzes kümmerte und darüber hinaus mit den Aufgaben eines Priesters betraut war. Seine erste hl. Messe zelebrierte er 1509. Er nahm in den Jahren 1512 und 1513 als Feldkaplan an der blutigen Eroberung Kubas unter Diego de Velazquez teil.
1514 wird Las Casas gebeten, am Pfingstfest die Predigt zu halten. Bei der Vorbereitung stößt er auf eine Stelle aus dem alttestamentlichen Buch Jesus Sirach, die von heuchlerischen Opfergaben, dem schweren Los der Armen und deren ungerechten Behandlung durch ausbeuterische „Blutsauger“ spricht. Las Casas erkennt: Die ausgeraubten Armen, von denen hier in der Heiligen Schrift die Rede ist, sind die Indios, die als Zwangsarbeiter in seinen Minen und auf seinem Landgut schuften. Und der Mörder seines Nächsten ist niemand anderes als er selbst, der Priester Las Casas. Er zieht die Konsequenzen und verzichtet öffentlich auf seinen ertragreichen Grundbesitz und wird 1515 als „Generalprokurator aller Indios in Westindien“ eingesetzt, als eine Vermittlungsinstanz zwischen spanischen Interessen und den Bedürfnissen der unterworfenen Ureinwohner. In den Jahren 1518 und 1519 unternimmt Las Casas zahlreiche Reisen durch Spanien, um über die Lage in den Kolonien zu berichten und für sein Reformprogramm zu werben. Im Februar 1521 kehrt er nach Westindien zurück und arbeitet in den Folgejahren in der Evangelisierung der Indios. Bevor er sich dem intensiven Studium theologischer, historischer und juristischer Schriften widmet, tritt er 1522 dem Dominikanerorden bei und findet im Kloster von Santo Domingo einen geeigneten Ort zur stillen Arbeit. In der Hafenstadt Puerto de la Plata (Dominikanische Republik) gründet er fünf Jahre später einen neuen Konvent und beginnt dort mit der Abfassung seiner „Geschichte der Westindischen Länder“, in der er die spanischen Eroberer als Verbrecher entlarvt und die Arbeit der Mönche rühmend herausstellt.
1531 meldet er sich mit dem „Brief an den Indienrat“ auf der politischen Bühne zurück. Las Casas macht deutlich, dass die Bekehrung der indianischen Bevölkerung vorrangig zu behandeln ist und wirtschaftliche Interessen dahinter zurückstehen müssen. Zur Methodik der Missionierung führt er aus, dass diese gewaltfrei erfolgen soll. 1534 schreibt er erneut an den Indienrat und berichtet über die Erfolge seines friedlichen Vorgehens. Er fährt 1540 erneut nach Spanien, um beim Hof sein Konzept für ganz Amerika durchzusetzen, wo man seine Vorstellungen mit Wohlwollen aufnimmt. Kaiser Karl V. setzt 1542 eine Kommission ein, die eine Gesetzgebung für die Reorganisation der Kolonialverwaltung erarbeiten soll. Las Casas wird in diesem Gremium beratendes Mitglied. Die am 20.11.1542 verabschiedeten „Neuen Gesetze“ tragen deshalb auch seine Handschrift.
Am 30.03.1544 wird Las Casas in Sevilla zum Bischof geweiht und kehrt im Juli des gleichen Jahres nach Amerika zurück. Bei dem Versuch, die Neuen Gesetze in seiner Diozöse (Mexiko) anzuwenden, trifft Las Casas auf erbitterten Widerstand der Kolonialgesellschaft. Da die Krone nichts mehr fürchtet als sinkende Einnahmen durch abtrünnige Kolonien, hebt Karl die Neuen Gesetze 1545 wieder auf. Las Casas reagiert auf diese Rücknahme mit der Abfassung eines Beichthandbuchs, in dem er beschreibt, warum alle von den spanischen Eroberern geführten Kriege ungerecht gewesen sind und wie die Indios ihrer Freiheit und ihrer Güter beraubt wurden und dabei der Name Jesu und der christliche Glaube in den Schmutz gezogen wurden. Er beschließt er, seinen Kampf in Spanien weiterzuführen, und verlässt 1547 Lateinamerika endgültig. In Spanien wird Las Casas wieder in sein Amt als Procurador de los Indios eingesetzt.
In den „Dreißig Rechtssätzen“ von 1547 und dem 1549 fertig gestellten „Traktat zur Begründung der souveränen kaiserlichen Herrschaft“) vertritt er ein Herrschaftsmodell, das die Ansprüche der spanischen Krone mit dem Selbstbestimmungsrecht der Indios in Einklang zu bringen versucht.. Das Engagement Las Casas’ bleibt am Hofe nicht ohne Folgen: Karl V. beruft 1550 eine Kommission nach Valladolid ein, um die ethischen, theologischen und juristischen Bedingungen der bisherigen Herrschaftspraxis zu erörtern und dabei insbesondere auf die Methoden zur rechten Glaubensverkündigung sowie auf die rechte Art und Weise der Unterwerfung indianischer Völker einzugehen. Dort kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen Las Casas und seinem Widersacher Juan Ginés de Sepúlveda, die für das Verständnis der Haltung verantwortlicher Personen zu dieser Zeit sehr aufschlussreich ist.
Die letzten Lebensjahre verbringt Las Casas in einem Dominikanerkloster bei Madrid, wo er am 19.07.1566 im Alter von 82 Jahren stirbt.
Quelle:
http://www.philosophieren.de/menu1/philosophen/lascasas/lascasas.html