Abtreibung im Islam


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In der Frage, ob eine Abtreibung erlaubt oder verboten ist, betrachten islamische Gelehrte die Entwicklung des menschlichen Embryos und suchen den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem der Embryo eine Seele von Allah erhält („Zeitpunkt der Beseelung“).

Die verschiedenen Entwicklungsstadien des Embryos erblicken manche islamische Forscher bereits im Koran, so etwa in der Sure „Die Gläubigen“:
„Wir haben doch den Menschen aus etwas Lehm geschaffen. Hierauf machten wir ihn zu einem Tropfen [nu?fatan] in einem festen Behälter. Hierauf schufen wir den Tropfen zu einem Blutklumpen [?alaqatan], diesen schufen wir zu einem Fleischklumpen [mu?gatan] und diesen schufen wir zu Knochen. Und wir bekleideten die Knochen mit Fleisch. Hierauf ließen wir ihn erstehen als ein neues Geschöpf.“ (23:12-14 EÜ)
Gemäß diesem Abschnitt werden 3 Stadien angenommen. Zum Abschluss wird der Mensch als neues Geschöpf aufgerichtet.
Bei Ibn Masud findet sich der Muhammad zugeschriebene Ausspruch:
„Wenn einer von euch geschaffen wird, so wird er im Leib seiner Mutter vierzig Tage lang zusammengebracht. Dann ist er dort ebenfalls eine alaqa, dann ist er dort ebenfalls eine mudhgba, dann wird ihm ein Engel geschickt, der ihm die Seele einhaucht.“
Diesem Ausspruch entnimmt man letztlich drei grobe Phasen der embryonalen Entwicklung; diese sollen je 40 Tage dauern, so dass die Beseelung nach dieser Zählung am 120. Tage einsetzt.
Ein anderer Ausspruch wiederum spricht davon, dass bereits am 42. Tag der Schwangerschaft ein Engel herzutritt, der den Menschen beseelt:
„Wenn über die nutfa [frühes Stadium der Entwicklung, s.o.] hin 42 Nächte verstrichen sind, schickt Allah einen Engel.“

Unter den islamischen Gelehrten besteht keine Einigkeit darüber, ob das werdende Leben ab dem Zeitpunkt
a) der Befruchtung
b) der Einnistung des Embryos oder
c) der „Beseelung“ zu einem späteren Zeitpunkt als a) und b)
besteht.
Vor der „Beseelung“ gilt es einigen Forschern als lebloses Wesen und kann abgetrieben werden.

Einen im deutschen Recht „soziale Indikation“ genannten Abtreibungsgrund kennt das islamische Recht nicht. Eine Abtreibung aus Furcht vor finanzieller Belastung weist der Koran in der Sure al-isra? entschieden zurück:
„Tötet eure Kinder nicht aus Furcht vor Verarmung. […] Sie zu töten ist eine große Sünde.“ (17:31, vgl. auch 16:58-60)

Kreiser, Klaus: (Hrsg.): Lexikon der Islamischen Welt, Stuttgart 1992. - Eich, Thomas: Islam und Bioethik, Eine kritische Analyse der modernen Diskussion im islamischen Recht?, Reichert Verlag, Wiesbaden 2005.